Donnerstag, 26. Juni 2014

Auf nach Birmingham!

Heute morgen habe ich dann meine Sachen zusammengepackt, bin zum Bahnhof gefahren (na gut, eine Busstation zu weit, aber der Bahnhof ist zum Glück ausgeschildert), habe mein Ticket abgeholt und bin nach Birmingham gefahren, umgestiegen, an der Universitätsstation ausgestiegen und - wie mir vorher beschrieben wurde - bin auf die Skulptur vom Mann auf dem elektrischen Stuhl zu gegangen, bis ich den Turm sehen konnte, der (absichtlich, wurde mir gesagt) aussieht wie der Glockenturm von Sienna,

habe mich umgedreht und bin zum Physikgebäude gegangen, wo ich mich heute mit John, Simon und Sam getroffen habe, unseren Kollegen aus Birmingham, die uns bei unseren UV-Klebestudien helfen. Die haben nämlich einen Automaten, mit dem man präzise Klebstoffmengen präzise positionieren kann - und wir nicht. (noch nicht :)
Also haben meine Kollegen aus Freiburg und Berlin letzte Woche alles Material, das man zum Kleben braucht, nach Birmingham geschickt, und heute haben wir zusammen geklebt.

Das schreibt sich so leicht :)

Zuerst: das Ganze findet im Reinraum statt. In einem richtigen. Das heißt, im Vorraum Schuhe und Jacke ausziehen, Schuhüberzieher anziehen, in den nächsten Raum gehen, Kapuze aufsetzen, Ganzkörperanzug überziehen und dann nochmal sowas wie Schuhe anziehen, die man über den Füßen zubindet und die bis ans Knie reichen.
Die Leute hier teilen sich den Raum mit den Astrophysikern, die auf der kompletten Verkleidung bestehen.

Dann haben wir ein Programm für die Klebepunkte erstellt: bewaffnet mit dem zu beklebenden Teil unter der Kamera und der technischen Zeichnung haben wir für jeden einzelnen Klebepunkt festgelegt, wo und in welcher Reihenfolge er platziert werden soll.
Hat auch nur zwei Stunden gedauert.

Dann haben wir die einzelnen Bauteile vorbereitet. Eigentlich haben wir an alles gedacht und alle benötigten Teile zugeschickt bekommen - woran wir nicht gedacht hatten, war, dass erstens die zu beklebenden Teile sich geändert hatten (Rejustierung erforderlich) und dass die Birminghamer Dinge anders machen als wir.
(ich sollte an der Stelle erwähnen, dass ich vergessen hatte, um zusätzliche Teile zu bitten, damit wir einmal üben können, bevor wir loskleben - es musste also beim ersten Mal auch wirklich klappen)
Danach kam noch die Feineinstellung für die Maschine: Höhe richtig einstellten, Offset abschätzen und ein paar Testdurchläufe.

Aber ich will gar nicht lange rumunken: am späten Nachmittag war dann alles fertig, wir konnten den Automaten anwerfen und es hat funktioniert: ein wunderschönes Muster aus fünf Punkten pro Goldpad, erfolgreich beklebt und - soweit wir sehen konnten - kein Kleber irgendwo rausgesuppt.
Übrigens ist die Maschine ziemlich putzig: wenn sie fertig ist, spielt sie eine kurze Jahrmarkts-Melodie ab, was immer klingt, als wäre sie überglücklich und stolz darauf, wie gut sie gearbeitet hat:
 
Abends wurde ich dann zur Feier des Tages sogar zum Abendessen eingeladen, in einen Laden, in dem es hervorragendes Balti gibt (eine Art Curry und aus irgendeinem Grund typisch Birmingham). Hier sind sie alle, von rechts nach links: Sam, der auszubildende Techniker, John, Professor und Gruppenchef, Simon, Cheftechniker, und ein mexikanischer Austauschstudent, dessen Namen ich vergessen habe (dieses Foto musste leider zensiert werden, weil ich es in einem Moment machte, als niemand mehr damit rechnete, weshalb sie alle wesentlich unsympathischer aussehen, als ihnen gerecht würde).
Neben britischer und schottischer Küche (und der Abstimmung über die schottische Unabhängigkeit - habt ihr davon gehört? Am 18. September. Und laut John (der Schotte ist) ist es gar nicht mehr so unwahrscheinlich, wie es anfangs aussah), war das Hauptgesprächsthema, was der Reinraum am dringendsten braucht: einen Massagesessel, einen Schokoladenbrunnen, eine Kaffeemaschine, ein Sofa, einen Plasmafernseher oder ein Fenster. Das mit dem Fenster ist tatsächlich so ein Ding: der Reinraum hat keine Fenster, ist im Keller, hat diese deprimierende senf-grau-gelbe Wandfarbe und Neonröhren und nach nur fünf Stunden darin hatte ich schon das Gefühl, in einer Pyramide eingemauert zu sein.
Man kann kaum anders, als ihnen ihr Fenster zu wünschen. (oder den Plasmafernseher, der ein Fenster simuliert).

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