Zeit, euch meinen Arbeitsplatz zu zeigen:
(zugegeben ein etwas geschöntes Bild, aufgenommen während der halben Stunde Sonnenschein)
Dass Fenster an Physikgebäuden vergittert sind, ist ja an sich nichts Ungewöhnliches, aber dass das hier sogar im Erdgeschoss der Fall ist, hat mich schon irritiert.
Warum ist das so?
Weil mal jemand einen Zementblock hier reingeworfen hat. Einen Zementblock!
Ich saß also heute wieder hier und habe Tonnen von Zahlen in übersichtliche Graphen verwurstet - und ich weiß nicht, warum, aber ständig kam heute irgendjemand vorbei, um sich mit mir zu unterhalten (ich vermute, nach einer Woche denken sie jetzt nicht mehr, dass ich sofort wieder verschwinde, und ziehen die Möglichkeit in Betracht, mich kennen zu lernen):
ein Kernphysik-Doktorand, der immer mal vorbeikommt, um sich Kaffee zu holen, und gefragt hat, was ich eigentlich mache,
Ashley (ein extrem netter Mensch, der unter anderem die Leiterplatten designt), der schon wusste, was ich mache, und sich deshalb mit mir über Sprachen und öffentlichen Nahverkehr unterhalten hat,
Peter, der Ingenieur von gestern, der Probleme mit dem Drucken hatte (der Drucker steht auch in dem Raum) und sich dann mit mir über Elastizitätsgrößen unterhalten hat,
noch ein Doktorand mit Druckerproblemen
dann ein weißhaariger älterer Herr, von dem ich keine Ahnung habe, wer er war, der den Weg zu Werkstatt gesucht hat,
und dann noch Ilja, furchtbar in Eile, der mich gebeten hat, die Blume in Tims Zimmer zu gießen. Das fand ich ja ein bisschen lustig.
Ich vermute, es liegt daran, dass der Kaffee immer noch alle ist: wenn sie schon keinen Kaffee haben, dann erzählen sie lieber ein bisschen mit irgendwem, bevor sie weiter arbeiten.
Nachdem ich jedenfalls endlich den Datenhaufen ausgewertet hatte, habe ich dann noch etwas gemacht, was Spaß macht:
eines der coolen Materialien, die wir verwenden, sind Carbonfaserplatten: extrem dünne Schichten aus Carbonfasern, die mit Klebstoff dazwischen zu Blättern gepresst werden und in Richtung der Carbonfasern extrem stabil sind.
Mit den Platten wollen wir testen, wie fest sie sind, indem wir daran ziehen und gucken, wann sie reißen. Allerdings hatten wir keine Ahnung, wie reißfest ein wie großer Schnipsel sein würde - und die Maschine schafft maximal 1000 Newton.
Also habe ich mir Tims Buch über die Eigenschaften von Carbonfasermaterialien rausgesucht und gerechnet:
mit der Angabe, wie reißfest die Fasern an sich sind, und mit einer Abschätzung für den Kleber rechnet man erst aus, wie reißfest die Platten in die eine und die andere Richtung sind. Wir wollen aber auch wissen, wie stabil das Ganze ist, wenn man unter einem Winkel daran zieht, also habe ich noch die Formeln dafür rausgesucht, bin kurz verzweifelt, habe mir eine Tasse Tee geholt, noch zwei Stunden gerechnet und ein bisschen programmiert und herausbekommen, dass wir höchstens vier Millimeter breite Streifen von Carbonfaser verwenden dürfen, wenn wir sie tatsächlich zerreißen wollen.
Mal sehen, ob das stimmt :)
Da ich heute tatsächlich mal nichts mehr auszuwerten habe, saß ich dann abends mit meiner Gastfamilie und den Katzen bei einem Glas Wein auf der Couch. Herrlich.
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