Es ist ein bisschen lustig, wie die Arbeitswilligkeit zum Wochenende hin sinkt:
Als ich morgens an meinem Tisch saß und meinen Datenwust in übersichtliche Diagramme verwurstete, kam der erste vorbei, brühte sich einen Tee und fing ein Gespräch über Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen und Zügen an.
Im Reinraum, wo ich meine frischgebackenen Klebstoffproben wiegen wollte, kam aus dem Nebenraum ein Techniker und unterhielt sich mit mir über Vergnügungsparks, eine Art Horrorpark im Norden von Liverpool wo ein Farmer jedes Jahr eine Armee SchauspielerInnen anheuert und aus seinen Farmgebäuden einen Gruselalptraum macht. Und Disneyland, da fährt er (also, der Techniker) nämlich nächstes Jahr mit seinen Kindern und Enkelkindern hin.
(Übrigens etwas Lustiges zu den Klebstoffen: nachdem sie getrocknet waren (wir wissen allerdings nicht, wie trocken, wegen der Luftfeuchtigkeit), haben wir sie das erste Mal gewogen, dann lagen sie tagelang in Wasser und wir haben sie zum zweiten Mal gewogen. Jetzt lagen sie vierundzwanzig Stunden im Ofen und sollten so richtig, richtig trocken sein - bringen aber immer noch mehr auf die Waage als direkt nach dem Kleben. Bei diesem Klebe-Feuchtigkeitskram ist echt nichts so, wie man es erwarten würde.)
Und wie ich dann später beim Datenauswerten saß, kam einer der Ingenieure vorbei und unterhielt sich mit mir darüber, welche Orte im Lake District ich unbedingt noch besuchen muss.
Aber ich will mich gar nicht beschweren - eigentlich freue ich mich ja immer, wenn jemand auf ein Schwätzchen vorbeikommt.
Nachmittags habe ich dann mit Tim wieder Kohlefaserstreifen gemessen. Nachdem wir jetzt alle kleinen Winkel (bis 15°) gemessen haben, wollten wir uns heute mal mutig den größeren Winkeln widmen. Da wir nur noch zwei Dehnungsmessplättchen hatten (man braucht zwei pro Streifen), hieß das: 30° (so mutig waren wir dann doch wieder nicht - die Streifen werden nämlich mit zunehmendem Winkel immer zerbrechlicher).
Nach meinem Erlebnis gestern habe ich Tim das heute alles machen lassen:
alles festschrauben (vorsichtig),
Streifen in die Klammern stecken ... vorsichtig ...
Klammern um den Streifen festziehen ... ganz vorsichtig ...
Schrauben ein bisschen lockern ... gaaaaaaaanz voooooorsichtig ....
Geschafft. (für solche Momente braucht man eigentlich Alkohol im Reinraum)
Extrem konservativ haben wir anfangs nur bis zu einer Last von 100 Newton gemessen, dann langsam erhöht und uns dann schließlich getraut, auf die angestrebte Last von 200 Newton zu erhöhen.
Ängstlich und ziemlich besorgt sahen wir zu, wie die Last immer höher kletterte ... 150 ... 160 ... 170 ... 180 ... 190 ... 195 ...
Tim: "Sieht aus, als würde er die 200 aushalten"
KNIRSCH (bei 198 Newton)
Wenigstens passiert das nicht nur mir.
Nach der Arbeit bin ich dann in meinen Zug nach Birmingham gesprungen, wo ich mich dieses Wochenende mit Lalita, einer guten Freundin von mir aus Chicago, die zur Zeit zufällig in London arbeitet, getroffen habe.
Da sie für ihre Arbeit regelmäßg in Marriott Hotels absteigt, hat sie dort zahllose Bonuspunkte angesammelt, sodass sie ein Doppelzimmer für uns gebucht und mich eingeladen hat.
Gegen halb zwölf haben wir uns dann in der Lobby getroffen. Und waren sogar für ein Glas Wein an der Bar zu müde.
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